Zur Person

 

Josef Gröger, geboren am 02. 03. 1930  in Cosel Oberschlesien. Sein Vater war als Küster an der dortigen Pfarrkirche tätig. Von 1936 bis Frühjahr 1944 besuchte er die Volksschule in Cosel, anschließend die Aufbauschule in Oberglogau. Wegen des Besitzes eines Flugblattes, abgeworfen von amerikanischen Flugzeugen,  wurde er gemaßregelt und von der Schule verwiesen. Danach Beginn der Lehre als Betriebselektriker.

 

Im Januar 1945,  beim ersten Angriff der sowjetischen Truppen auf seine Heimatstadt,

war er maßgeblich an einer risikoreichen Aktion zur Rettung des Sakralschatzes der Pfarrkirche in Cosel beteiligt. Im März kam es während der Kämpfe um die Stadt zur Trennung von seinen Eltern. Es gelang ihm aus der eingeschlossenen, schwer umkämpften Stadt zu fliehen. Nach einer abenteuerlichen Flucht gelangte er nach Thüringen.

 

Nach dem Krieg konnte er in Weimar seine Lehre fortsetzen, die er 1948 erfolgreich beendete. Danach arbeitete er als Elektromonteur und bereitete sich an der Volkshochschule in Weimar in Abendkursen auf ein Studium vor.

 

In Gotha besuchte er das Berufspädagogische Institut und war danach als Berufsschullehrer in Nordhausen und Heiligenstadt tätig. Als Fernstudent studierte er in Dresden Binnenhandelsökonomie und Warenkunde und in Berlin  Wirtschaftspädagogik, Betriebswirtschaftslehre und Psychologie. An der Humboldtuniversität in Berlin erwarb er 1965 den akademischen Grad „Diplom-Handelslehrer.“ Im Februar 1990 wurde er zum Direktor der Kommunalen Berufsschule Heiligenstadt berufen.

 

Da er als Überlebender an der Aktion zur Sicherung des Kirchenschatzes beteiligt war, wurde er bei Besuchen in seiner Heimat immer wieder von polnischen Sicherheitsorganen mit Drohungen und Aussichten auf großzügige Geschenke bedrängt. Das fand seinen Höhepunkt, als durch die Volkspolizei in Heiligenstadt, mit Wissen der Staatssicherheit, im Jahr 1975 drei junge polnische Männer in seine Wohnung unter falschen Angaben  geschleust wurden, die die Aufgabe hatten herauszufinden, wo sich der Kirchenschatz von Cosel befand. Nach einem nächtlichen Eklat, die polnischen Gäste wurden beim Durchsuchen des Arbeitszimmers überrascht, haben sie nach einer verbalen Auseinandersetzung  die Wohnung verlassen.

 

Im November 1989 stellte Josef Gröger im Namen der CDU des Kreises Heiligenstadt in einer turbulenten Kreistagssitzung den Antrag auf sofortigen Rücktritt der Mitglieder des Rates des Kreises Heiligenstadt und nominierte Dr. Werner Hennig (CDU) als Kandidat für die Funktion des Ratsvorsitzenden. Nach heftigen Diskussionen trat der Rat gemeinsam zurück. Dr. Henning wurde als neuer Ratsvorsitzender gewählt. Heilbad Heiligenstadt war der erste Kreis in der DDR, der von einem Nichtmitglied der SED geleitet wurde.

 

Nach der politischen Wende in Polen entschloss er sich, den bisher nicht aufgefundenen Sakralschatz aus dem sicheren Versteck zu bergen. Das geschah 1991 gemeinsam mit seinem Sohn Karl-Heinz in einer komplizierten Aktion. Josef Gröger konnte den Kirchenschatz unbeschädigt und uneigennützig dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand, der mittlerweile polnisch gewordenen Gemeinde übergeben.

 

Nachdem 1995 seine berufliche Tätigkeit beendet war, und bald darauf seine Frau verstarb, bemühte er sich um eine  Neuorientierung seines Lebens.  Eine neue Perspektive fand er in historischen Studien über seine Heimatstadt. Die politische Wende ermöglichte es ihm, umfangreiche historische Studien und Recherchen durchzuführen. Das empfand er als dringend notwendig, da historische Veröffentlichungen über seine ehemalige Heimat in Oberschlesien,  in Polen durch die kommunistische Geschichtsauffassung stark in den Aussagen verfälscht waren.

 

Im Februar 2003 konnte er sein ersts Buch „Cosel  – Impressionen über das Ende einer deutschen Stadt“ bei der deutschen Minderheit in seiner Heimatstadt vorstellen. Das Echo war überwältigend, handelt es sich doch um eine soziologische Studie mit autobiografischen Zügen mit historischem Hintergrund. Es war das erste Buch in deutscher Sprache, das dort in dieser Region nach dem 2. Weltkrieg vorgestellt wurde.

 

Im Mai  2004  stellte er aus Anlass der Aufnahme Polens in die Europäische Union  sein zweites Buch, das sich mit der Kirchengeschichte aller Religionsgemeinschaften der Stadt befasst, vor. Das Buch, das in  deutscher und polnischer Sprache erschienen ist, wurde mit einer CD ergänzt, auf der eine Ansprache des letzten deutschen Pfarrers aus Anlass der Abnahme der Kirchenglocken 1942, und das Geläut der damaligen Glocken zu hören sind. Dem Autor war es nach jahrelangem Suchen gelungen, die einzige Schallplatte, mit den Aufnahmen der Ansprache und des Geläutes zu finden.  Durch die Rekonstruktion  des Tonträgers, ausgeführt von einer Spezialfirma, konnte davon eine CD hergestellt  und somit ein historisches Dokument erhalten werden.

 

Aus Anlass des Deutsch-Polnischen Jahres 2005 stellte der Autor ein weiteres Buch, diesmal über die wirtschaftliche Entwicklung seiner Heimatstadt  in dem Zeitraum 1873 – 1945 vor, das mit einem Geleitwort des Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen, Herrn Dieter Althaus versehen ist. An der Buchvorstellung  im Herbst 2005, das Buch erschien ebenfalls in deutscher und in polnischer Sprache, nahmen der  polnische Landrat, Herr Jozef Gisman und das Mitglied des Deutschen Bundestages Herr Manfred Grund, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU  Bundestagsfraktion, teil.

 

Für seine Trilogie „Cosel – die Stadt an der Oder“ wurde Josef Gröger 2006 mit dem Kunstpreis des Bundes der Vertriebenen, Landesverband Thüringen, ausgezeichnet.

 

Als sein Alterswerk  bezeichnet der Autor sein im September 2007 veröffentlichtes Buch mit dem Titel „Cosel unter dem Einfluss des Johanniter-Malteser-Ritterorden 1240 – 1810“. Mit dieser Arbeit füllte der Autor eine empfindliche Lücke in der Stadt- und Kirchengeschichte seiner Heimatstadt aus. Das Buch trägt  auch zur  Ergänzung der Ergebnisse der bisherigen Johanniter/Malteser-Forschung in Schlesien bei.

 

Auch in Deutschland fanden seine Werke zunehmend Beachtung, so konnte er in dem Wettbewerb der "Robert Bosch" Stiftung im Rahmend des Otto-Mühlschlegel-Preises "Zukunft Alter" 207/2008 einen beachtlichen Beitrag leisten, für den er einen Anerkennungspreis erhielt.

 

Die Vorstellung des Buches, zu dem Erzbischof Prof. Dr. Nossol das Geleitwort geschrieben hat, erfolgte in der Festwoche aus Anlass der „Belagerung der Festung Cosel durch napoleonische Truppen 1807.“ Cosel gehörte damals zu den 3 schlesischen Festungen,  die von den Truppen Napoleons nicht erobert wurden. Dieses Buch, das jetzt auch in den Beständen von zwei  bedeutenden römischen Bibliotheken, der Institutionen– Sovrano Militare Ordine di Malta, und  Pontificio Collegio Germanico - Ungarico zu finden ist, hat der Autor dem Pfarrer von Cosel, Dr. Alfons Schubert, aus Anlass seines 70. Geburtstages gewidmet. Dieser Geistliche hat sich besonders um die Integration der deutschen und polnischen Katholiken in seiner Gemeinde verdient gemacht.

 

Ein Ausdruck von besonderer Wertschätzung war die Einladung an Josef Gröger von  der Universität Opole zu einer wissenschaftlichen Tagung während der Festwoche. Gemeinsam mit namhaften polnischen Historikern wurde über das Thema Krieg und Frieden gesprochen. Auf Bitten der Universität Opole referierte Josef Gröger  über die Problematik „Der Einfluss des Johanniter-Malteser-Ritterordens auf Krieg und Frieden in der Geschichte der Stadt und Festung Cosel". Durch seine Veröffentlichung zu den Zielen des Kreuzritterordens hat er der Forschung in Polen neue Impulse geliefert, die sich auch in zukünftigen geschichtlichen Betrachtungen niederschlagen werden. Im August 2010 überraschte der Autor mit einer Studie über den Franziskaner-Minoritenorden in Kosel anlässlich der Wiedereinweihung der ehemaligen Minoritenkirche.

Zu Josef Grögers Veröffentlichungen gehören auch über  40 Aufsätze mit historischen Inhalten, die er überwiegend im Magazin Oberschlesien in den letzten fünf Jahren veröffentlicht hat. Dabei handelt es sich größtenteils um Erstveröffentlichungen.

Am 14. August 2009 erhielt Josef Gröger für seine Verdienste um die Erforschung der oberschlesischen Geschichte und für seinen Beitrag zur Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen auf einem Festakt in seiner Heimatstadt Cosel die höchste Auszeichnung der Woiwodschaft Opole. Marschall Jozef Sebesta überreichte ihm in Anwesenheit des deutschen Konsuls Ludwig Neudorfer und vieler Ehrengäste die Verdienstmedaille.

Nach seinen Intentionen für seine Arbeiten befragt, antwortet der Autor, der durch Krieg und Faschismus seine Heimat und den Großteil seiner Jugend verloren hat, dass seine wissenschaftliche Tätigkeit zuerst einmal privaten Charakter hat und aus Liebe zu und Interesse an seiner alten Heimat getragen wird. Das ist aber nur möglich, wenn man die gesellschaftlichen Realitäten berücksichtigt. Er betont, dass er weder durch Personen oder Institutionen beeinflusst, oder beauftragt wurde. Seine Arbeiten sollen keine alten Wunden aufreißen, aber er sieht darin einen persönlichen Beitrag  das problematische Verhältnis zwischen Polen und Deutschen zu entkrampfen. Das ist aber nur möglich, wenn man die geschichtliche Entwicklung auf keiner Seite ausblendet.  Annäherung und Versöhnung dürfen nicht nur eine Vision bleiben, sondern sind die Voraussetzungen für ein gemeinsames Zusammenleben in der Europäischen Gemeinschaft.

Zu einem historischen Ereignis kam es am 8. November 2010 auf der Sitzung des Stadtrates von Kandrzin-Cosel. Auf Vorschlag der Stadtverordneten wurde zum ersten Mal ein vor dem Krieg  geborener Coseler und heutiger Bundesbürger aus Thüringen, Josef Gröger,  mit der Verdienstmedaille der Stadt ausgezeichnet.

Die Ehrung erfolgte für die Rettung des Kirchenschatzes der Pfarrkirche, der Erforschung des historischen Erbes seiner Heimatstadt, für seinen an den Tag gelegten großen Idealismus und nicht zuletzt für sein Wirken um die Verständigung zwischen Deutschen  und Polen. In seiner Dankesrede betonte er,  dass es bei seinen Buchpublikationen nicht um die Pflege einer „Heimweh-Mentalität“ gehe, sondern er wünschte vielmehr, dass seine Arbeiten den „Stolz  der ehemals hier lebenden Menschen wie auch der heutigen Bewohner von Cosel, unabhängig von ihrer Nationalität, auf die große geschichtliche und kulturelle Vergangenheit“ wecken möge.

Der Kandrzin-Coseler Stadtrat reagierte auf die Dankesworte des Preisträgers mit stehender und langanhaltender Ovation.

In dem Bestreben, eine wahre Versöhnung zwischen Deutschen und Polen  zu erreichen, die eine Voraussetzung für eine europäische Gemeinschaft als Kultur- und Wertegemeinschaft ist, fühlt sich Josef Gröger den Bemühungen des Erzbischofs Nossol  verbunden, der in seinem Bischofsamt Brücken der Aussöhnung und Verständigung zwischen der deutschen Minderheit und der polnischen Mehrheit in seiner oberschlesischen Diözese baut und gebaut hat.